Hallo zusammen, ich möchte Euch gerne ein Bild von Andreas Daubner (crazy collector) zeigen, welches am letzten Wochenende eine interessante Diskussion geliefert hatte. Andy hat das Bild auch in die Nutzergalerie geladen und ich habe es mir da "geklaut" - das Original ist hier zu finden: g7486p27396-Polyommatus-icarus.html
Ich habe das Bild für diesen Beitrag etwas zugeschnitten (nicht aus optischen Gründen, sondern damit man meine Linien besser sieht) und ein paar Dinge farblich markiert. So, nun erst einmal das Bild:
Wir betrachten nun ausschließlich den Hinterflügel (bzw. dessen Unterseite). Was stellen wir fest? Der Punkt P3 (man zählt im Uhrzeigersinn von links unten/vorne nach rechts oben) sitzt oberhalb der gedachten Linie zwischen P2 und P4 (meine gelbe Linie verbindet die Punkte P2 und P4, P3 liegt dazwischen). Dazu kommt, dass P3 leicht rechts versetzt ist (vergleiche grüne Linie beim grünen Pfeil mit der roten Linie beim roten Pfeil). Es ist zwar nicht viel, aber es ist erkennbar. Andy fand den Falter (eine Dame, daher keine Duftschuppenflecke auf der Oberseite) in einer Waldlichtung mit viel Esparsette. Rein durch den Hinterflügel und durch das Habitat wäre also der weit weniger verbreitete Polyommatus thersites ein heisser Kandidat, denn alle bisher betrachteten Merkmale passen perfekt. Man sollte dazu sagen, dass auch Polyommatus icarus teilweise in diese Richtung gehen kann, aber das ist eher die Ausnahme. Typischerweise liegt der Punkt P3 auf der gedachten Linie zwischen P2 und P4 und sitzt mittig zwischen beiden. Außerdem braucht der noch recht häufige Hauhechelbläuling (Polyommatus icarus) keine Esparsetten...
Warum ist Andy's Bild nun super gut, aber ebenso gefährlich? Ganz einfach: Das Bild zeigt die Unterseite des Vorderflügels recht deutlich und man findet einen Basalpunkt (Punkt nahe der Flügelwurzel, im hellblauen Kreis markiert). Diesen Punkt hat Polyommatus thersites NIE, aber Polyommatus icarus oft/meist. Nun, hätte Andy ein Bild gemacht, bei welchem die Dame den Vorderflügel (wie so oft) etwas weiter nach hinten geschoben hätte, sodaß man den Basalfleck nicht erkennen kann (auch wenn er natürlich trotzdem vorhanden wäre), dann wäre das Bild recht sicher als Polyommatus thersites durchgegangen...
Jetzt kommt es aber noch dicker - denn nicht nur das Bild von Andy ist optimal geraten - er hatte auch etwas Glück, denn es gibt eine Form Polyommatus icarus f. icarinus, die keinen solchen Basalfleck besitzt.
Was kann man dabei lernen?
1) Ein optimales Bild mit möglichst vielen Merkmalen erlaubt es, auch Arten zu bestimmen, die "schwierig" sind. 2) Nur weil etliche wichtige Merkmale erfüllt sind, bedeutet es nicht, dass man die Art richtig bestimmen kann 3) In der Form f. icarinus wäre das Bild bei uns als Polyommatus thersites in der Galerie gelandet - und vielleicht wäre es das auch, wenn die Dame den Vorderflügel (wie so oft!) etwas weiter nach hinten geklappt hätte!
Ich habe aus der Diskussion mit Andy etliches gelernt, denn ich suche schon ne Zeit nach Polyommatus thersites - ohne Erfolg. Ich werde künftig noch viel vorsichtiger sein, denn ein Bild ohne hinreichend weit nach vorne gezogenen Vorderflügel (also "zusammengeklappt") werde ich wohl nicht mehr zur Bestimmung nutzen können - und selbst wenn der Vorderflügel weit nach vorne gestellt ist, gibt's immer noch f. icarinus (also ohne Basalfleck)....
Schwierige Sache, interessante Sache, herausfordernde Sache, schönes (sehr gutes) Bild von Andy - und viel Spaß an alle beim Punkte vermessen auf der Suche nach Polyommatus thersites :-)